Freitag, 4. Februar 2011

Samstag, 21. Januar 2011 - erster Bericht aus dem Busch

Hallo Ihr Lieben
Jetzt bin ich schon eine Woche in Tabenken, wohne bei den Nonnen im Convent und arbeite in dem Health Centre, das sie „bewirtschaften“. Sehr sehr viele neue und ganz andere Eindrücke als bisher habe ich in dieser einen Woche schon sammeln können und dabei wird es wohl nicht bleiben...
Tabenken ist ein kleines Dorf, das man erreicht, wenn man von Kumbo aus in den Norden (In Richtung Nigeria) fährt. Ich bin mit dem Motorbike hingefahren mit dem Fahrer meines Vertrauens, Damian, der mich auch immer morgens ins Waisenhaus gefahren hat. Die Fahrt war stuabig und lang (3 h), aber die Landschaft war mal wieder wunderschön anzusehen. Die vier Schwestern, die hier in dem Convent wohnen haben mich alle sehr herzlich empfangen und sind wirklich nett. Zwei von den vieren arbeiten im health centre, die anderen beiden (, die auch die älteren beiden sind) sind zuhause und kochen. Entgegen aller Erwartungen gibt es hier Wasser, Strom und sogar Handy-Empfang (allerdings nur von einem bestimmten Handy-Anbieter, von dem ich leider noch! kein Kunde bin). Das alles sei aber sehr frisch hier (Strom, der nicht die ganze Zeit ausfällt erst seit dem Besuch des kamerunischen Präsidenten Paul Biya in Bamenda, der Hauptstadt der Nord-West-Provinz, in der ich mich hier befinde, im Dezember 2010 und Netzempfang erst seit 4-5 Monaten).
Ich verstehe mich besonders gut mit der jüngsten der Schwestern hier, die vielleich so Mitte 20 ist und mit der ich nachmittags immer aufs Feld gehe, um die Beete zu gießen. Zum Glück liegt dieses Feld direkt an einem kleinen Bach, der durch das Dorf fließt (selbst jetzt in der Trockenzeit hat er relativ viel Wasser) sodass man nicht allzu lange Eimer schleffen muss. Die Feldarbeit ist wirklich anstrengend und schwer und ich bewundere jedesmal aufs neue, wie diese Frauen (Feldarbeit ist hier Frauenarbeit) das alles schaffen. Man sieht hier in der Landschaft überall Felder, die teilweise so groß sind, dass man denkt, das könne nur mit Maschinen geschafft werden, die aber alle mit bloßen Händen (nicht einmal mit Hilfe von Tieren) von den unglaublich starken Frauen dieses Landes bewirtschaftet werden, um ihre Familien zu ernähren und vielleicht ein paar Erdnüsse, Sojabohnen oder Kürbiskerne auf dem Markt zu vekaufen, um das Schulgeld für die Kinder zu bezahlen, oder Seife zum Wäsche waschen (wenn der Mann nicht arbeitet und so noch eine andere Geldquelle bietet, was doch recht oft vorkommt). Ein Mädchen, das im healh centre putzt, hat mir gestern ihre Geschichte erzählt. Sie ist eine von vier Kindern einer nicht verheirateten Mutter, die vor zwei Jahren gestorben ist – Ihre jüngeren Geschwister leben bei der Großmutter, sie selbst ist 18 Jahre alt, hat ein zweijähriges Kind, einen Mann (den sie wahrscheinlich heiraten musste, weil sie schwanger war, um nicht das Gesicht zu verlieren), arbeitet vomittags im health centre (bekommt daf[r im Monat 10000 frs, was nicht einmal 20 Euro sind) geht nachmittags noch aufs Feld und arbeitet weiter und kommt abends nach hause, um für ihr Kind und ihren Mann zu kochen (das Kind ist tagsüber bei seinem Vater, der immerhin auch etwas mithilft und ab und zu aufs Feld zum arbeiten geht, was aber eher eine Ausnahme ist). Sie hat nur die Primary-school abgeschlossen, die hiesige Grundschule, die allerdings 6 Jahre dauert und die verpflichtend ist und nicht so viel kostet, wie die weiterführenden Schule (aber trotzdem noch zu viel – Offiziell gibt es in Kamerun kein Schulgeld mehr, so steht es sogar im Reiseführer, die Realität sieht jedoch ganz anders aus – alle Schulen kosten hier Geld! Korruption!) und wird wahrscheinlich weder die Zeit, noch das Geld dafür haben, irgendwann ihre Bildung zu erweitern. Wenn ich das höre und ihr Leben mit meinem eigenen vergleiche, schäme ich micht für alles, worüber ich mich je beschwert habe, meine eigenen kleinen Probleme sind neben ihren einfach nur lächerlich und absurd. Das aller absurdeste und erstaunlichste dabei ist, dass sie trotz allem gut gelaunt, freundlich un offen ist und man ihr nichts von alledem anmerkt... Ich bin gespalten zwischen großer Bewunderung und gleichzeitig Rat- und Hilflosigkeit, wie ich mit ihr umgehen soll – was soll man denn da sagen, als jemand, der hierher gekommen ist, um zwar Erfahrungen zu sammeln und das Leben hier zu erleben, aber immer mit der Sicherheit und Gewissheit im Hinterkopf: „Ich komme wieder in mein reiches, entwickeltes, behütetes, deutsches Umfeld zurück und werde nach diesem Jahr ganz normal weiterleben wie bisher (Kann ich das überhaupt?); Ich kann hier nichts verändern, ich als kleine, unausgebildete Freiwillige – wo soll ich denn anfangen? Wenn selbst ausgebildete Entwicklungshelfer das nicht schaffen“... Da wird man schon nachdenklich, findet aber natürlich keine Lösung und ist dankbar für jede Ablenkung, wie zum Beispiel die lustigen, singenden, tanzenden Schwestern und ihre Gesprächsthemen, wie zum Beispiel das Klima in den verschiedenen Gebieten Kameruns, in denen sie schon überall gearbeitet haben und die Schweißproduktion anderer Schwestern, oder die Art, wie man Mangos in der Mangozeit so zubereiten kann, dass sie das ganze Jahr über halten und die Begeisterung eines Bischofs dafür... Oder wenn ich mit Sr. Pascaline abends das Aerobicprogramm einer amerikanischen Fitnesstussi, duchgehe, wovon sie eine CD hat, die wohl irgendwann mal eine Schwester besorgt hat, um ihre Mitschwestern fit zu halten. „and kick and kick and walk and walk“ =) oder die lieben afrikanischen Mamas, die immer ganz herzlich und freundlich grüßen. Ansosnten gibt es hier nicht besonders viel Ablenkung. Ich lese viel (endlich mal Zeit für meine vielen mitgebrachten Bücher, die bisher nur im Regal standen), gehe spazieren, in die Kirche, bete abends immer mit den Schwestern (ganz ungezwungen) und bin eigenltich ziemlich zufrieden hier.

1 Kommentar:

  1. Hallo Ruth,
    bin zufäälig auf was du hierhin geschrieben hast und hab ganz durch gelesen. Ich komme nämlich aus Tabenken und lebe jetzt in Deutschland. Finde es super, alles was du erlebt hast. Ich war das letze Mal in 2007 in Tabenken. vielleicht hast du noch mehr über mein Dorf zu erzählen, dann freue ich mich drauf (rsunjoh@yahoo.fr)
    Biste schon wieder zu hause oder noch in Kamerun?
    Gruß.
    Roland

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